Hinter der psychischen Erkrankung Schizophrenie verbirgt sich um ein komplexes Störungsbild mit unterschiedlichen Erscheinungsformen. In manchen Phasen sind die Betroffenen stark antriebslos und in sich gekehrt, in anderen Phasen leiden sie unter Sinnestäuschungen. Eine Schizophrenie kann bei schweren Verläufen mit einer starken Einschränkung der Lebensqualität einhergehen. Die Patienten brauchen ein gut aufgestelltes Hilfesystem, um ein selbstständiges Leben führen können.
Wie eingangs erwähnt, ist das Störungsbild der Schizophrenie sehr vielschichtig. Es wird grob zwischen Positiv- und Negativsymptomatik unterschieden. Positiv bedeutet in diesem Fall, dass mehr oder sogar zu viel von etwas da ist. Negativ bedeutet, dass weniger oder zu wenig von etwas da ist. Doch was ist zu viel oder zu wenig da? Diese Frage ist am besten anhand des normalen Funktionslevels von Menschen zu beantworten.
Menschen nehmen so viele Sinneseindrücke wahr, wie sie gut verarbeiten können. Den Rest blendet das Gehirn aus, um die Person vor Überreizung zu schützen. Normalerweise haben wir auch das richtige Maß an Antrieb, um unser Leben in die Hand zu nehmen, aber auch Phasen der Ruhe zuzulassen. Außerdem pendelt sich unsere Stimmung auf einem mittleren Niveau ein, das heißt sie ist überwiegend neutral mit nur leichten und zeitlich begrenzten Ausschlägen nach oben oder unten. Bei Menschen, die unter einer Schizophrenie leiden, verschieben sich diese normalen Niveaus der Sinneswahrnehmungen, des Antriebs und der Stimmung.
Bei der Positivsymptomatik ist das Gehirn der Betroffenen überstimuliert und produziert Reize, die für andere Personen nicht wahrnehmbar sind. Es kommt zu Sinnestäuschungen (Halluzinationen) und Wahngedanken, die um Dinge kreisen, die nicht wirklich existieren (Wittchen & Hoyer, 2011). Diese Phase der Schizophrenie wird auch als psychotische Phase bezeichnet. Folgende Erscheinungen können auftreten:
Häufig gehen diese Wahrnehmungsphänomene mit einer erhöhten Erregtheit bis hin zu Ängsten oder Panik einher. In einer akuten positiven Phase der Schizophrenie können sich Betroffene nur schwer mitteilen. Ihre Sprache wird zusammenhangslos und zerfahren. Außenstehenden fällt es schwer nachzuvollziehen, was in den Betroffenen vorgeht, weil zum einen die Sinnestäuschungen sehr abstrakt sein können und zum anderen ein geregeltes Gespräch nicht möglich ist. Mehr über die Positivsymptomatik und einzelne psychotische Episoden erfahren Sie im Blogbeitrag.
In Phasen der Negativsymptomatik wirken Schizophrenie-Patienten abgeflacht und verlangsamt. Ihr Antrieb ist gehemmt und sie bewegen sich nur wenig. Ihre Mimik und Gestik erstarren und sie können nur eingeschränkt mit Außenstehenden kommunizieren. Sprachliche Äußerungen nehmen ab, manche Patienten verstummen sogar ganz. Die Stimmung kann stark gedrückt sein, sodass die Betroffenen schwer depressiv wirken.
Neben Phasen der Positiv- oder Negativsymptomatik gibt es auch symptomfreie Intervalle, in denen die Betroffenen beschwerdefrei leben können. Oft haben sich bei vorangehenden Krankheitsphasen aber schon Probleme angehäuft, die auch diese Phasen stark beeinträchtigen. So kann eine Schizophrenie schwerwiegende Folgen wie zum Beispiel Arbeitsplatzverlust, finanzielle Probleme und familiäre Schwierigkeiten mit sich bringen.
Exkurs: Das Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken, liegt in der Gesamtbevölkerung bei etwa 1%. Wenn beide Elternteile an einer Schizophrenie erkrankt ist, steigt das Risiko auf 30%. Dies spricht für die erbliche Komponente bei der Entstehung einer Schizophrenie.
Leider wird der Begriff „schizophren“ umgangssprachlich genutzt, um Menschen oder Zustände zu beschreiben, die doppeldeutig oder irrational sind. Irrtümlich bezeichnet er Menschen, die sich in der gleichen Situation jeweils völlig unterschiedlich verhalten, so als hätten sie zwei Persönlichkeiten. Die Anwendung des Begriffs schizophren in diesem Zusammenhang ist falsch! Betroffene einer Schizophrenie, leiden nicht unter mehreren Persönlichkeiten, sondern unter Sinnestäuschungen und Wahnideen.
Exkurs: Patienten, die den Anschein erwecken mehrere Persönlichkeiten zu haben, leiden unter der sogenannten Dissoziativen Identitätsstörung. Hierbei kommt es, vereinfacht dargestellt, zu einer Abspaltung von Persönlichkeitsanteilen, die je nach Situation in den Vordergrund treten können und das Verhalten der Person bestimmen.
Wie alle anderen psychischen Krankheiten ist auch die Schizophrenie nicht auf einzelne Ursachen zurückzuführen. Es ist bekannt, dass es in Familien erblich bedingt zu einer höheren Anfälligkeit für die Ausbildung einer Schizophrenie kommen kann. Ein erbliches Risiko bedeutet jedoch nicht zwingend, dass sich eine Schizophrenie ausbildet. Es müssen noch äußere Faktoren hinzukommen, beispielsweise psychischer Stress, ungünstiges Bindungsverhalten oder Substanzmissbrauch, damit sich eine Schizophrenie ausbildet (Ziegler & Lincoln, 2012).
Die biologische Erklärung der Entstehung einer Schizophrenie stützt sich auf die sogenannte Dopamin-Hypothese. Dopamin ist einer der wichtigsten Botenstoffe in unserem Gehirn und sorgt unter anderem dafür, dass unser Gehirn aufnahmefähig für Sinneseindrücke ist. Die Positivsymptomatik der Schizophrenie kommt dadurch zustande, dass zu viel Dopamin vorhanden ist und das Gehirn gewissermaßen übererregt wird. Medikamente, die den Dopaminanteil im Gehirn regulieren, helfen daher bei der Verringerung der Positivsymptomatik.
Klassischerweise wird die Positivsymptomatik der Schizophrenie mit sogenannten Neuroleptika behandelt. Diese verringern die Dopaminkonzentration im Gehirn. Früher hatten diese Medikamente starke Nebenwirkungen. Dopamin ist auch für einen reibungslosen Ablauf von Bewegungen zuständig, und die ersten Neuroleptika haben die Dopaminkonzentration so sehr verringert, dass es zu Bewegungseinschränkungen oder ungewollten Muskelbewegungen kam. Heutzutage werden modernere Medikamente eingesetzt, deren Nebenwirkungen geringer sind. Die Behandlung der Negativsymptomatik ist schwieriger, denn nicht alle Patienten sprechen auf gängige Antidepressiva an (Aleman et al., 2017).
Natürlich müssen Schizophrenie-Patienten auch einen guten Umgang mit ihrer Erkrankung erlernen. Dafür ist eine psychotherapeutische Begleitung notwendig. Hier lernen die Patienten beispielsweise Methoden der Stressreduktion, um der erneuten Entstehung von schizophrenen Episoden vorzubeugen. Des Weiteren werden verzerrte oder wahnhafte Gedankeninhalte thematisiert und auf ihre Gültigkeit überprüft. Zudem gibt es ganzheitliche Ansätze, wie z.B. das Soteria-Konzept, bei denen Betroffene in eigens für Schizophrenie-Patienten ausgerichteten Wohngruppen leben und lernen, zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen und ihr Leben selbstständig zu gestalten (Nischk, 2014).
Die unzähligen Kombinationen an Symptomen und der phasenhafte Verlauf einer Schizophrenie führen dazu, dass eine Schizophrenie von Patient zu Patient stark unterschiedlich verlaufen kann. Bei manchen Betroffenen bleibt es bei einzelnen Episoden, bei anderen kehrt die Erkrankung immer wieder zurück. Laut einer Studie von Bailer (2000) verläuft die Erkrankung bei weiblichen Patienten und bei Patienten, die in ein funktionierendes soziales Umfeld eingebettet sind, milder. Dieses Studienergebnis hebt den Stellenwert der Angehörigen im Behandlungskonzept von Schizophrenie hervor. Es macht somit Sinn, die Patienten ganzheitlich und eingebettet in ihrem Umfeld zu betrachten.
Patienten, die unter schizophrenen Episoden leiden, sind in den LIMES Schlosskliniken gut aufgehoben. Unser Team aus Expertinnen und Experten ist erfahren im Umgang mit psychotischen Episoden und ihren Nachwirkungen. Bei uns werden die Patienten behutsam stabilisiert und im Umgang mit ihrer Erkrankung nachhaltig geschult. Es wird dabei eine ganzheitliche und individuelle Behandlung konzipiert, sodass die Lebensumstände des einzelnen Patienten in die Therapie einbezogen werden können.
Kategorien: Psychosen