Der Begriff Psychosomatik setzt sich aus den beiden Puzzleteilen Psyche (Seele) und Soma (Körper) zusammen. Die beiden Teile arbeiten nicht unabhängig, sondern greifen eng ineinander. Zudem spielt auch unser soziales Umfeld eine große Rolle für unser Wohlbefinden. Bereits der Volksmund weiß vom Einfluss der Psyche auf den Körper und benennt dabei auch schon zwei typische Symptome: „Das schlägt mir total auf den Magen“ oder „Dieses Problem bereitet mir Kopfzerbrechen“ sind nur zwei der vielen Redewendungen, die dieses Phänomen aufgreifen.
Mehr und mehr geht die klassische Medizin dazu über, dieses Zusammenspiel in der Diagnostik und Behandlung von Krankheiten und körperlichen Beschwerden zu berücksichtigen.
Viele körperliche Symptome oder gar chronische Erkrankungen können auf seelische Ursachen zurückgeführt werden. Mittlerweile haben sich Kliniken auf die psychosomatische Behandlungsform spezialisiert und begründen ihr Konzept ganzheitlich: Der Fokus liegt dann auf den wechselseitigen Beziehungen zwischen seelischen, körperlichen und sozialen Faktoren. Sie erkennen solche Kliniken unter dem Zusatz „Spezialklinik für Psychosomatische Medizin“.
Hinweise auf eine psychosomatische Erkrankung
Patienten mit körperlichen Symptomen begeben sich meistens in die Hände eines Allgemeinmediziners oder Facharztes, der die körperliche Ursache herausfinden und eine dementsprechende Behandlung einleiten soll. Wenn es sich jedoch um psychosomatische Beschwerden handelt, zeigt die Behandlung keinen dauerhaften Erfolg. Oft finden sich Patienten dann auf einer langen Odyssee von Arztbesuchen, Diagnoseverfahren und Unsicherheiten wieder. Es werden dann verschiedene Behandlungsformen ausprobiert, Medikamente verschrieben, der Körper durchleuchtet. Dennoch kann oft keine eindeutige körperliche Ursache festgemacht, geschweige denn das Leiden gelindert werden. Viele Patienten bleiben dann ratlos und verzweifelt zurück.
Es ist dann allerhöchste Zeit, den Blickwinkel zu erweitern und auf das Zusammenspiel von Körper und Geist zu schauen. Heutzutage sind immer mehr Mediziner darin ausgebildet, mögliche psychische Auslöser mit zu berücksichtigen. Es sei noch einmal betont: Unser Körper und unser Geist sind zwei höchstkomplexe Systeme, deren Zusammenspiel in der Entstehung von Gesundheit und Krankheit eine immense Rolle einnimmt.
Wichtig: Ein hilfreiches Gedankenspiel ist es, sich die Psyche wie einen Dampfkessel vorzustellen, in dem mal mehr, mal weniger Druck herrscht. Wenn zu viel Druck über längeren Zeitraum besteht, muss dieser abgelassen werden. Die Psyche sucht sich hierzu unterschiedliche Ventile. Manchmal sind diese Ventile in der Psyche selbst und äußern sich in Stimmungen, Gedanken und Emotionen, manchmal sind diese Ventile aber auch im Körper.
Vielen Menschen fällt es immer noch schwer, den Einfluss der Psyche auf den Körper zu akzeptieren und es nicht als „Psycho-Gequatsche“ oder „Esoterik“ abzutun. Daher stoßen Ärzte von Zeit zu Zeit auf Gegenwehr, wenn sie mögliche psychische Auslöser für die körperlichen Beschwerden in Betracht ziehen. Folgende Ursachen führen häufig zu psychosomatischen Beschwerden.
Wichtig: Die psychischen Ursachen ihrer Beschwerden sind den Patienten manchmal nicht offensichtlich. Unsere Psyche beeinflusst uns in vielen Fällen aus dem Unterbewussten heraus und ihre Verfassung muss behutsam aufgearbeitet werden. Mehr dazu im Abschnitt zur Behandlung psychosomatischer Erkrankungen.
„Psycho-somatisch oder somato-psychisch?“
Körperliche Erkrankungen wie Krebs-, Herz-, Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen können psychische Begleiterscheinungen (z.B. Depressionen oder Ängste) mit sich ziehen. Zwar handelt es sich hierbei strenggenommen nicht um psychosomatische Erkrankungen, diese Beschwerdebilder werden aber dennoch in psychosomatischen Einrichtungen behandelt.
Auch primär psychische Krankheiten werden oft von körperlichen Symptomen begleitet. Eine Depression, Angst- oder Zwangserkrankung wirkt sich auch auf die körperliche Verfassung aus. Besonders häufig sind hier Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden oder Migräne. Man spricht dann von psychosomatischen Beschwerden im engeren Sinne, da der psychische Auslöser bekannt ist.
Die Behandlung in der Psychosomatik zeichnet sich durch den Grundsatz der Ganzheitlichkeit aus. In einem interdisziplinären Team werden die Patienten individuell betreut und ihr Therapieplan auf das jeweilige Störungsbild ausgerichtet. Folgende Therapiemöglichkeiten werden bei der Behandlung psychosomatischer Verfahren angewendet:
Psychotherapeutischen Verfahren
Seelische Belastungen werden im Gespräch mit Psychotherapeuten aufgearbeitet.
Entspannungstechniken (z.B. Achtsamkeit oder Meditation) Methoden zur Stressreduktion, die nach der Behandlung auch in den Alltag integriert werden.
Ernährungsschulung
Eine gesunde Ernährung trägt zum Wohlbefinden bei.
Kunsttherapie
Kunst kann als andere Ausdrucksformen für psychische Vorgänge finden genutzt werden.
Sporttherapie
Andere Ausdrucksformen Steigerung der eigenen Körperwahrnehmung.
Medikamentöse Einstellung
Medizinische Untersuchungen gewährleisten den richtigen und sinnvollen Einsatz von Medikamenten.
Was kann ich selbst tun bei psychosomatischen Beschwerden?
Auch im Alltag lassen sich die Bausteine der psychosomatischen Behandlung integrieren. So können Sie zum Beispiel selbst nach einem Entspannungstraining suchen, was Ihnen in stressigen Zeiten guttut. Inspirationen finden sich z.B. bei Youtube oder in Podcasts.
Auch Sport ist elementar, um Körper und Geist in Balance zu bringen. Wichtig ist: Die Sportart muss Spaß machen und sollte nicht zu einer weiteren Verpflichtung werden. Achten Sie zudem auf eine vollwertige Ernährung – denn nur mit der richtigen Energiezufuhr können Sie an Ihrer Genesung arbeiten.
Ein weiterer Tipp ist, die eigenen Anzeichen für zu viel Stress oder andere Belastungen gut zu kennen. Wie fühlt sich Ihr Körper in solchen Situationen an? Worum kreisen Ihre Gedanken? Wie ist ihr Schlaf? Hat man sich selbst gut im Blick, kann einer Überlastung vorgebeugt werden. Wenn erste Symptome wahrgenommen werden, können direkt entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.
Netzwerk Psyche und Körper
Wenn Sie vermuten, dass hinter ihren körperlichen Beschwerden eine psychische Ursache liegen könnte oder wenn ihr Arzt Sie auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht hat, ist es sinnvoll, dieser Spur nachzugehen. Mit einer Behandlung, die seelische und körperliche Aspekte gleichsam anspricht, kann die Balance im Netzwerk Psyche und Körper wiederhergestellt werden.
Die neuen Erkenntnisse der psychosomatischen Medizin führen letztendlich dazu, dass nicht mehr rein symptomorientiert vorgegangen wird. Die Ursachen für die Symptome werden immer häufiger im großen Rahmen angegangen werden. So wird die Behandlung nicht nur effektiver, sondern auch nachhaltiger und kann langfristig die Beschwerden verbessern.
Die psychosomatische Betrachtung erfordert eine Umstellung der gewohnten Denkweise, dass bei körperlichen Symptomen die Ursache immer im Körper sitzt und eine Salbe, eine Spritze oder ein Medikament wohl helfen wird. Der psychosomatische Ansatz bietet neue Interventionsformen und gibt vielen Erkrankten neue Hoffnung auf eine Linderung ihrer Symptome. Dieser Artikel hat Ihnen hoffentlich geholfen, ihren Blickwinkel auf Gesundheit und Krankheit ein wenig zu verändern und das Zusammenspiel von Psyche und Körper besser zu verstehen.
Kategorien: Chronische Schmerzen Depressionen Somatoforme Störungen