Er ist immer da, aber uns nur selten bewusst. Er begleitet uns täglich und ist die Quelle allen Lebens. Er gibt uns einen natürlichen Rhythmus vor und kann uns ein Anker in hektischen Zeiten sein. Die Rede ist von unserem Atem. In diesem Artikel erfahren Sie Wissenswertes über die Atmung und welche Atemübungen Sie einsetzen können, um zu Ruhe und Entspannung zu finden.
Oft sehnen wir uns in hektischen Zeiten nach einem wirksamen Tool zur Entspannung. So kneten wir Anti-Stress-Bälle, quälen uns zum Sport und tupfen uns ätherische Öle auf die Schläfen. Dabei haben wir das vielleicht effektivste Instrument zum Stressabbau immer bei uns: unseren Atem. Er ist unser Anker in der Gegenwart, der natürliche Taktgeber und unser schützender Begleiter.
So unruhig die Zeiten sein können, so verlässlich ist der Atem. Er geschieht von allein, denn er wird automatisch über das vegetative oder autonome Nervensystem geregelt. Die verantwortlichen Hirnareale liegen im ältesten und ursprünglichsten Teil des Gehirns, dem Hirnstamm. Der Clou ist, dass wir trotzdem in der Lage sind, den Atem willentlich zu steuern und seine heilsame Kraft zu nutzen.
Breathe in – Breathe out
Unsere Atmung spiegelt unsere Stimmung wider. Mal stockt uns vor Angst der Atem, mal kommen wir vor Aufregung und Stress ganz außer Atem, oder Sorgen nehmen uns komplett die Luft zum Atem. Wie diese Redensarten zeigen, bringen schwierige Situationen oder psychische Belastungen die Atmung durcheinander. Chronische Belastung und psychischer Stress sind dann im negativen Sinne „atemberaubend“. Indem wir durch Atemwahrnehmung und Atemübungen den Atem wieder beruhigen, können wir indirekt Einfluss auf unser Wohlbefinden nehmen.
Die Forschung zeigt, dass Atemtherapien nicht nur bei körperlichen, sondern auch bei psychischen Erkrankungen, wie Angststörungen, Depressionen oder Burnout, wirksam sind.
Ein großer Vorteil: Es sind keine Nebenwirkungen bekannt (Stutz & Schreiber, 2017). Ein grundlegender Mechanismus der Atemtechniken besteht darin, dass über die Atmung unsere Herzfrequenz verändert werden kann. Gleichmäßiges atmen kann ein klopfendes Herz wieder beruhigen. Außerdem stimuliert das Ausatmen den Parasympathikus, ein Nervengeflecht, welches für Entspannung und Loslassen sorgt. Auch bei Schlafproblemen können Atemübungen helfen!
Die Kraft des Atems liegt in seiner Beständigkeit. Der natürliche Rhythmus und das Zusammenspiel der Ein- und Ausatmung können uns beruhigen. Die Anspannung, die z.B. mit psychischen Erkrankungen einhergeht, kann reduziert und Entspannung gefördert werden. Viele Entspannungstechniken fußen auf der Wahrnehmung der Atmung, z.B. die Achtsamkeit oder die Meditation. Bei Sportarten wie Yoga oder Qi-Gong hat der Atem eine zentrale Bedeutung. Eine bewusste Lenkung des Atems auf verkrampfte oder schmerzende Körperregionen kann wohltuend sein, denn der Atem transportiert Sauerstoff, der für die Funktion aller Körperteile unabdingbar ist.
Probieren Sie es mal aus: Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit, ihren Körper wahrzunehmen. Vielleicht entdecken sie verkrampfte oder zwickende Stellen. Lenken Sie dann den Atem auf diese Stelle: Stellen Sie sich vor, in diese Stelle des Körpers hinein zu atmen. Vielleicht spüren Sie den Fluss der Energie, die heilsame Kraft des Atems.
Fokus auf den Atem
Viele Methoden der Atemwahrnehmung setzen auf das bewusste Zählen der Atemzüge. So können Ein- und Ausatmung in eigenem Tempo z.B. in Zehnerschritten gezählt werden. Auch die Gesamtdauer des Ein- und Ausatmens kann gezählt werden und in einen gleichmäßigen Rhythmus gebracht werden. Hilfreich ist es, auch immer auf die kurzen Momente der völligen Stille zwischen Ein- und Ausatmung zu achten. Beim Yoga werden diese Atempausen bewusst verlängert, um die Stille und die Entspannung auszukosten. Manche Atemtechniken nutzen Vorstellungshilfen wie Farben oder Licht, die die Energie des Atems unterstreichen.
Mantras
Mantras sind Leitsprüche, die in der Meditation dazu benutzt werden, sich zu fokussieren. Viele Mantras beziehen sich auf den Atem und sind wertvolle Helfer, um die Konzentration auf den Atem zu lenken. Zur Inspiration bieten sich folgende Mantras im Zuge der Atemübungen an:
Vielleicht findet sich eine ruhige Minute, in der Sie bewusst ein- und ausatmen und dabei im Kopf ein ausgesuchtes Mantra mitsprechen. Sie werden sehen, dass Ihnen die Konzentration auf Ihre Atmung durch das Mantra viel leichter fällt. Sie können natürlich auch kreativ werden, und Ihr individuelles Mantra formulieren. Es mag sich am Anfang ein wenig ungewohnt anfühlen, aber mit der Zeit kann das Mantra seine Magie entfalten.
Der größte Vorteil der Atemtechniken ist es, dass wir den Atem immer dabeihaben. Dadurch haben wir in jeder Situation die Möglichkeit, uns auf ihn zu besinnen und uns durch seinen natürlichen Rhythmus zu stabilisieren. Für den Anfang sind ein ruhiger, ungestörter Ort und ein wenig Zeit natürlich sinnvoll, um die Atemtechniken zu üben. Dabei sollte man zunächst die Atemwahrnehmung trainieren. Folgende Fragen können helfen, das Bewusstsein zu stärken:
Keine Sorge, falls Sie ab und zu abschweifen. Das ist ganz normal. Unser Verstand ist es nicht gewohnt, sich auf den Atem zu konzentrieren und funkt immer wieder mit Gedanken, Sorgen, Befürchtungen oder Belanglosigkeiten dazwischen. Wenn Sie bemerken, dass ihr Kopf ganz woanders ist, kehren Sie zurück zum Atem. Er ist immer da und holt uns in den Moment zurück. Nach ein wenig Übung sind Sie in der Lage, den Atem als ihre ureigene Entspannungsquelle zu nutzen.
Atemübungen sind für jeden geeignet, besonders natürlich in Zeiten mit psychischer Belastung oder Stress. Im Internet finden Sie unter den Suchbegriffen „Atemübung“ oder „Atemtechnik“ eine Vielzahl an kostenlosen Videos, die ihre Atemübungen begleiten. Auch Musik-Apps bieten Anleitungen zum Download. Weitere Apps, wie z.B. Breathe oder 7mind, helfen strukturiert dabei, die Atmung für sich zu nutzen.
Das Wichtigste ist aber sowieso immer parat: Der Atem. Er ist ein Wunder der Verlässlichkeit und kann zu einem Fixpunkt für unseren unruhigen Geist werden. Es ist tröstlich, sich zu vergegenwärtigen, dass der Atem zu jeder Zeit unser beständiger Begleiter ist. Also schöpfen Sie Atem und nutzen Sie ihn für sich. Er ist der Ursprung des Lebens und eine Quelle der Ruhe.
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