Eine Depression kann sich ziemlich unterschiedlich äußern, ist dadurch manchmal schwer zu erkennen und es zeigt sich immer wieder, dass viele Männer mit der Erkrankung anders umgehen als Frauen. Natürlich soll von zu groben Pauschalisierungen abgesehen und immer der Einzelfall betrachtet werden. Dennoch sind Muster der „männlichen“ Depression zu erkennen, die wir in diesem Beitrag vorstellen wollen.
Männer leiden unter einer Depression ebenso wie Frauen. Nur zeigen sie ihr Leiden häufig auf eine andere Art und Weise. Wenn sie es denn überhaupt zeigen. Viele Männer verstecken die Depression lange Zeit vor der Familie, Freunden oder im Beruf. Vielleicht gibt es Anzeichen, dass es dem Mann nicht gut geht, aber eine Depression? Das kommt für viele Männer nicht infrage.
Dies liegt zum Teil an der Sozialisation (Entwicklung) des Mannes. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es auch in den heutigen aufgeklärten Zeiten starke Rollenbilder der Geschlechter gibt. Mit diesen Rollenbildern wachsen wir von klein an auf und sie werden ein Teil von unserem Denken, Fühlen und Handeln. Das männliche Geschlecht wird oft mit Sätzen konfrontiert wie:
Gefühle werden unter Männern deutlich seltener kommuniziert als unter Frauen. Kein Wunder also, dass viele Männer unsicherer im Umgang mit ihren eigenen Gefühlen sind. Es spielt natürlich auch bei Frauen eine Rolle, wie offen in der Erziehung über Gefühle, positive wie negative, geredet wurde.
Der stets starke Versorger sein – das haben sich manche Männer auf die Fahne geschrieben. Dass eine Depression die Leistungsfähigkeit einschränkt, ist schwer zu akzeptieren. Männer müssen sich im Zuge eine Depression ganz anders mit ihrem Rollenbild auseinandersetzen und viele ihrer verinnerlichten Verpflichtungen relativieren.
Studien zeigen, dass bei Männern die linke Gehirnhälfte stärker aktiv ist. Diese Hirnhälfte steht nach neurowissenschaftlicher Forschung eher für analytisches und planerisches Denken. Kreatives und emotionales Denken und Ganzheitlichkeit finden eher in der rechten Hirnhälfte statt (Schaeffer & Manke, 2018). Auch diese Tatsache macht es Männern schwerer, Gefühle wahrzunehmen und einzuordnen.
Männer neigen dazu, sich durch Taten mitzuteilen. Bei Stress tendieren sie eher als Frauen dazu, externalisierendes, d.h. nach außen gerichtetes Verhalten, zu zeigen: Wutausbrüche, Aggression und lautstarke Diskussionen lassen sich eher bei Männern beobachten. Auch bei Depressionen kann es so sein, dass der Mann eher stark gereizt ist, sich in Arbeit stürzt, sich durch riskantes Verhalten in Gefahr bringt und vorherrschende Gefühle eher Wut und Ärger sind.
Vor allem in Bezug auf den Arbeitsplatz sei erwähnt, dass manche Männer die Diagnose Burnout bevorzugen, da dies fast schon ein Siegel für extremes Engagement im Beruf ist. Hierbei sollte aber immer die klare Einordnung beachtet werden, dass ein Burnout wirklich ausschließlich auf zu hohe Belastung im Beruf zurückgeführt werden kann.
Nachdem wir nun erfahren haben, warum es bei der „männlichen“ Depression zu Besonderheiten kommen kann, zeigen folgende Symptome, wann Sie bei sich selbst oder bei Ihrem Partner/Angehörigen genauer hinsehen sollten:
Aber natürlich sollten Sie auch bei typischen Depressionssymptomen hellhörig werden:
Zeigt ein Mann Symptome, die auf eine Depression hinweisen, sollte dies angesprochen werden. Es ist mit anfänglicher Abwehr zu rechnen, doch ist das Thema erst einmal auf dem Tisch, kann sich einiges in die richtige Richtung entwickeln. Der Betroffene wird vielleicht zum ersten Mal mit dem Thema konfrontiert und kann sich dann selbstständig informieren.
Wie immer gelten auch hier die wichtigsten Gesprächsregeln, wie Zuhören, Verständnis und Wertschätzung. Vielleicht kann man im ersten Gespräch eine Zeitspanne vereinbaren, in der das Verhalten genauer beobachtet wird und nach der noch einmal miteinander geredet wird. Voreilige Ratschläge sowie Vorwürfe können eher kontraproduktiv wirken. Hier gibt es noch einige Tipps für das Gespräch mit Betroffenen.
Die Therapie von Depressionen bei Männern und Frauen läuft im Großen und Ganzen gleich ab. Psychotherapie hat sich als wirksam erwiesen. Bei schwereren Formen der Depression wird diese mit Medikamenten kombiniert. Wie bereits oben erwähnt sind Rollenvorstellungen häufig ein Thema in der Therapie. Sich selbst einzugestehen, dass auch schwache Seiten dazugehören und der Betroffene trotzdem zu stark ist, kann eine Weile dauern.
Ein erschreckendes Thema darf im Zusammenhang mit Männern und Depressionen nicht außen vor gelassen werden. Die Suizidraten bei depressiven Männern sind dreimal so hoch wie bei depressiven Frauen (Wittchen & Hoyer, 2006). Männer setzen also die Selbstmordgedanken, die im Zuge einer schweren Depression auftreten, häufiger in die Tat um als Frauen. Daher gilt es, besonders auf die Anzeichen für Suizidalität zu achten!
Der psychischen Gesundheit wird erfreulicherweise immer mehr Raum in der Öffentlichkeit gegeben. Das Tabu „Depression“ muss aufgelöst werden, damit Betroffene sich schneller in die notwendige Behandlung begeben. Dies gilt für alle Patienten, aber auch ganz besonders für Männer.
Lassen Sie uns Rollenklischees überwinden und jedem Menschen, völlig losgelöst von seiner Geschlechtsidentität, das Recht auf psychisches Wohlbefinden zusprechen. Männer können genauso wie Frauen von einer Depression betroffen sein. Wir wünschen uns, dass dieses Thema mehr Beachtung erfährt und mehr Menschen hierfür sensibilisiert werden. Denn Depressionen sind gut behandelbar, egal ob bei Männern oder Frauen!
Kategorien: Depressionen