Angststörungen – Wenn Angst den Alltag bestimmt

Angst ist eine normale menschliche Reaktion, die uns vor Gefahren warnt und schützt. Doch wenn dieses Gefühl übermäßig stark wird oder ohne reale Bedrohung auftritt, kann es zur Belastung werden. In Deutschland leiden etwa 9,8 Millionen Erwachsene jährlich an einer Angststörung, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Formen von Angststörungen, ihre Ursachen und Therapiemöglichkeiten.

Was sind Angststörungen?

Angststörungen sind psychische Erkrankungen, bei denen die Angst unangemessen stark oder häufig auftritt und die Lebensqualität erheblich einschränkt. Es gibt mehrere Arten von Angststörungen, darunter:

Generalisierte Angststörung

Ständige Sorgen, die fast alle Lebensbereiche betreffen, sowie Symptome wie Herzrasen oder Muskelverspannungen.
Sorgen, Grübeln und Ängste, die fast alle Lebensbereiche betreffen, kennzeichnen die generalisierte Angststörung. Betroffene leiden mindestens mehr als sechs Monate unter starker Angst, Sorgen und Anspannung beziehungsweise dem Gefühl eines drohenden Unheils. Diese Gefühle beziehen sich auf verschiedene Lebensumstände, Alltagssituationen und gewöhnliche Probleme. Gilt die Furcht realen Bedrohungen, ist sie unrealistisch übersteigert. Betroffene fühlen sich unruhig, nervös und angespannt und leiden oft unter Schlafstörungen und Reizbarkeit. Die typischen Symptome wie Herzrasen, Zittern, Ruhelosigkeit, Schwitzen, kalte und feuchte Hände, Mundtrockenheit, Übelkeit, Enge im Hals und Muskelverspannungen im Rücken treten nicht gemeinsam in Form eines Anfalls auf, sondern einzeln über den Tag verteilt.

Die Erkrankung beginnt meist langsam und schleichend zwischen dem 15. und 50. Lebensjahr. Unbehandelt verläuft sie zumeist chronisch und verschlechtert sich bei Belastungen.

Sie ist in allen Altersgruppen verbreitet, obwohl sie Frauen häufiger betrifft als Männer. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen zu Drogen oder Alkohol greifen, um die negativen Gefühle zu lindern, die durch die ständige Sorge verursacht werden.

Panikstörung

Plötzliche Panikattacken mit körperlichen Symptomen wie Atemnot oder Schwindel.

Die Panikstörung ist durch Episoden intensiver, lähmender Angst gekennzeichnet, die typischerweise von beängstigenden Symptomen wie Schwindel, Brustschmerzen, Herzklopfen, Taubheit oder Kribbeln, Übelkeit, Kurzatmigkeit oder einem Gefühl der Abgehobenheit oder Unwirklichkeit begleitet werden. Eine Person mit Panikstörung kann davon überzeugt sein, dass sie stirbt oder wahnsinnig wird. Panikattacken treten meist aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung auf. Sie erreichen in der Regel nach etwa 10 Minuten ihren Höhepunkt und dauern etwa eine halbe Stunde, so dass sich das Opfer völlig erschöpft fühlt. Manche Menschen haben nur sehr selten Panikattacken, andere hingegen haben sie häufig – sogar täglich oder mehrmals am Tag. Diese Störung kann in jedem Alter auftreten, ist aber bei Kindern und älteren Menschen seltener.

Soziale Phobien

Angst vor Situationen, in denen man im Mittelpunkt steht, z. B. bei Präsentationen oder Veranstaltungen.

Die Soziale Angststörung ist gekennzeichnet durch überwältigende Angst in sozialen Situationen. Sie kann eine bestimmte Situation betreffen, wie z.B. öffentliches Sprechen oder Essen vor anderen Menschen, oder sie kann allgemeiner sein und immer dann auftreten, wenn Menschen in der Nähe sind. Menschen mit sozialer Phobie haben eine enorme Angst davor, selbst in ganz gewöhnlichen Situationen in Verlegenheit gebracht, ausgelacht oder kritisiert zu werden, oder sie befürchten, in der Öffentlichkeit beurteilt oder schlecht behandelt zu werden. Sie können eine Vielzahl von quälenden Symptomen wie Erröten, Schwitzen, Zittern, Übelkeit oder Durchfall erleben. Die soziale Phobie beginnt oft in der Kindheit und kann durch schweres Mobbing ausgelöst werden, sie kann aber in jeder Lebensphase ohne klaren Grund auftreten. Diese Art von Angst kann einen enormen Tribut bei der Arbeit und in persönlichen Beziehungen fordern.

Agoraphobie

Furcht vor Orten, an denen ein Entkommen schwierig scheint, wie Menschenmengen oder öffentlichen Verkehrsmitteln.

Dieser Begriff wird oft als Platzangst übersetzt. Auslöser der Agoraphobie sind Menschenmengen oder die Notwendigkeit, sich allein auf einen öffentlichen Platz oder in ein Geschäft zu begeben. Betroffene reisen nicht allein mit dem Auto, dem Bus, der Bahn oder dem Zug, manche nutzen keine Aufzüge. Sie vermeiden generell Orte oder Situationen, die bei ihnen Furcht auslösen. Oft sind das Gelegenheiten, zu denen es schwierig wäre, einen Arzt herbeizuholen oder den Ort bei Bedarf, zum Beispiel bei einer Panikattacke, schnell zu verlassen. Durch dieses Vermeidungsverhalten sind die Betroffenen in ihrem Alltag eingeschränkt. Einigen ist es nicht möglich, zur Arbeit zu gehen oder ihren Haushalt zu führen. Im Extremfall verlassen Menschen mit Agoraphobie ihr Haus oder ihre Wohnung nicht mehr. Die Erkrankung beginnt meist im jungen Erwachsenenalter und ist häufig mit Panikattacken verbunden. Unbehandelt schreitet sie fort und nimmt einen chronischen Verlauf.

Spezifische Phobien

Die dauerhafte und unangemessene Furcht vor bestimmten Lebewesen, Gegenständen oder Situationen wird als spezifische Angststörung bezeichnet.

Mögliche Auslöser können sein:

  • Tiere wie Schlangen, Spinnen, Hunde, Katzen, Ratten, Mäuse,
  • Naturgewalten wie Gewitter,
  • Höhe oder Reisen im Flugzeug,
  • enge Räume,
  • Behandlungen beim Zahnarzt,
  • Blut, Verletzungen, Spritzen.

Schon der Gedanke an den Auslöser der Angst kann zu leichtem Unbehagen bis hin zu einer Panikattacke führen. Betroffenen ist bewusst, dass andere Menschen in der gleichen Situation keine Furcht empfinden, und sie schämen sich unter Umständen für ihr Verhalten. Die Konfrontation mit dem Auslöser der Angst führt umgehend zu einer Reaktion. Dabei fürchten die Betroffenen die von der Ursache ihrer Angst ausgehende Gefahr, also zum Beispiel einen Tierbiss, Blitzeinschlag oder einen Sturz aus großer Höhe. Die Erkrankung beginnt in über 80 Prozent der Fälle vor dem 20. Lebensjahr und betrifft Frauen häufiger als Männer.

Ursachen und Risikofaktoren

Angststörungen entstehen durch ein Zusammenspiel von genetischen, neurobiologischen, psychologischen und umweltbedingten Faktoren.

  • Genetik: Kinder von Betroffenen haben ein bis zu fünfmal höheres Risiko, selbst zu erkranken.
  • Umweltfaktoren: Traumatische Erlebnisse, Missbrauch oder chronische Belastungen erhöhen das Risiko.
  • Neurobiologie: Ein Ungleichgewicht der Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Gamma-Aminobuttersäure spielt eine Rolle.
  • Lernerfahrungen: Negative Erlebnisse können dazu führen, dass Betroffene angstauslösende Situationen vermeiden.

Symptome und Folgen

Betroffene leiden oft unter körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Schwindel oder Magenbeschwerden, die sie häufig fälschlicherweise als Anzeichen körperlicher Erkrankungen interpretieren. Unbehandelt können Angststörungen chronisch werden und das Risiko für Depressionen oder Suchterkrankungen erhöhen.

Diagnose und Behandlung

Die Diagnose erfolgt durch eine gründliche Anamnese sowie den Ausschluss körperlicher Ursachen. Moderne Therapien umfassen:

  • Psychotherapie: Vor allem die kognitive Verhaltenstherapie hat sich bewährt. Hier lernen Betroffene, angstverstärkende Gedanken zu erkennen und zu verändern.
  • Medikamentöse Behandlung: Antidepressiva können unterstützend wirken.
  • Ergänzende Ansätze: Sport, Entspannungstechniken wie Yoga oder Achtsamkeitstraining und ein unterstützendes soziales Umfeld fördern die Heilung.

Wie kann ich mir selbst helfen?

Es ist wichtig, sich bei ersten Anzeichen frühzeitig professionelle Hilfe zu suchen. Vermeidungsverhalten verstärkt die Ängste oft. Stattdessen hilft es, sich der Angst schrittweise zu stellen – idealerweise unter therapeutischer Anleitung.

Angststörungen sind gut behandelbar. Mit der richtigen Therapie können Betroffene ihre Lebensqualität erheblich verbessern. Warten Sie nicht, wenn Ängste Ihren Alltag dominieren – ein Gespräch mit dem Hausarzt oder einem Therapeuten ist der erste Schritt zur Besserung.

Weitere Informationen und Unterstützung finden Sie in spezialisierten Kliniken wie den LIMES Schlosskliniken, die individuelle Behandlungskonzepte und eine heilsame Umgebung bieten. – wir sind jederzeit für Sie da!

 

Kategorien: Angststörungen

Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether
Ärztlicher Direktor und Chefarzt Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether
Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether ist renommierter Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, bei dem stets der Mensch im Mittelpunkt steht: Dank seiner individuell abgestimmten, ganzheitlichen Behandlungspläne verbessert und personalisiert er die psychiatrische Versorgung kontinuierlich. Seine umfassende Expertise in der psychotherapeutischen und medikamentengestützten Behandlung erlangte er durch sein Studium der Humanmedizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel, spezialisierte Weiterbildungen sowie seine langjährige Erfahrung in führenden Positionen. Seit 2019 ist Dr. med. Brolund-Spaether als Chefarzt und seit 2023 als Ärztlicher Direktor der LIMES Schlosskliniken AG tätig. 2024 trat er unserem Vorstand bei.

Diesen Beitrag teilen