Momentan herrschen unsichere Zeiten durch das Corona-Virus. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen wirken sich auf die Psyche aus. Angst- und Zwangspatienten leiden dabei besonders unter der Situation, denn ihre Symptomatik wird stark durch innere und äußere Belastung beeinflusst. Steigt die Belastung, wie zum Beispiel durch vermehrte Sorgen über den ungewissen Verlauf der Corona-Pandemie oder existenzielle Ängste, kann sich ihr psychischer Zustand verschlechtern.
Die Corona-Pandemie hat immense gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen für uns. Wir werden täglich von neuen Schreckensnachrichten überschüttet. Mehr Infektionen, mehr Tote, Kollaps der Wirtschaft, Kurzarbeit, Kündigungen… Das löst bei allen Menschen ein mulmiges Gefühl aus. Patienten mit einer Angststörung reagieren meist heftiger, denn ihre Psyche ist bereits angegriffen. Doch wie genau kommt es zu dieser verstärkten Angstsymptomatik?
Angstpatienten sind besonders sensibel
Das Gefühl der Angst beruht auf neuronalen Mechanismen im Gehirn. Um zu verstehen, warum Angstpatienten unter der Situation besonderes leiden, kann man sich das Gehirn wie ein weit verzweigtes Wegenetz vorstellen. Je öfter unsere Gedanken und Gefühle einen der Wege nehmen, desto breiter und ausgetretener ist er. Menschen mit Angststörung nehmen besonders oft den „Angst-Weg“ im Gehirn. Er entwickelt sich so zu einer breiten, ausgetretenen Straße, die nur schwer zu verlassen ist. Immer wieder kommen Angstpatienten auf diese Straße zurück, denn sie entwickelt sich zur Gewohnheit. Immer wieder entstehen so angstbesetzte Gedanken und Körperempfindungen, auf die die Patienten dann wiederrum sehr sensibel reagieren.
Vielfältige Bedrohungen triggern Ängste
Die Corona-Pandemie mit ihren vielfältigen Bedrohungen für unsere Gesundheit und Existenz schickt Angstpatienten immer wieder auf ihren „Angst-Weg“. Das Gehirn wird gewissermaßen ständig getriggert, Angstgedanken und -gefühle zu produzieren. Normalerweise kann Ablenkungen helfen, den Angst-Weg wieder zu verlassen, jedoch ist Ablenkung während der derzeit geltenden Kontaktsperre nur schwer zu finden. Private Kontakte, Hobbys und Freizeitaktivitäten fallen weg. Durch die Isolation und den Wegfall von Aktivitäten haben viele Betroffene oft mehr Zeit, über die Situation nachzugrübeln und sich Worst-Case-Szenarien auszumalen.
Anstieg an Angsterkrankungen wird erwartet
Höchstwahrscheinlich sind mache Angstgefühle in diesen Zeiten sehr nützlich. Sie schützen uns davor, uns und andere durch Fehlverhalten in Gefahr zu bringen. Ein gesunder Respekt vor der Corona-Pandemie sollte daher bei jedem vorherrschen. Führende Psychologen erwarten jedoch, dass nicht alle Menschen in der Lage sind, ihre Ängste selbstständig zu regulieren und ihr Leben annähernd normal weiterzuführen. Es besteht das Risiko, dass sich eine Angstspirale entwickelt, aus der manche Menschen nicht herauskommen. Die Rate an neu auftretenden Angsterkrankungen könnte dadurch deutlich ansteigen (BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung).
Neben Angsterkrankungen können auch Zwangsstörungen durch die Corona-Pandemie beeinflusst werden. Hier ist vor allem an Patienten zu denken, die unter starken Sorgen vor Infektionen leiden und daher zwanghafte Hygieneroutinen durchführen. Sie waschen sich ihre Hände sehr oft und mit sehr scharfen Seifen oder Desinfektionsmitteln, sie säubern und desinfizieren Oberflächen und Gegenstände in kurzen Abständen und kontrollieren die Sauberkeit ihrer Umgebung zwanghaft.
Exkurs: Was bedeutet zwanghaft?
Man kann sich nun fragen, wo der Unterschied zwischen angemessener und krankhafter Hygieneroutine liegt. Die Klassifikation psychischer Krankheiten sieht vor, dass das Verhalten oder die Gedanken zu einem Leiden beim Betroffenen selbst oder bei seinen Angehörigen führen muss. Das alltägliche Leben muss durch die psychische Verfassung eingeschränkt sein. Nur dann kann von einer Störung gesprochen werden. Psychische Krankheit hängt also immer von subjektivem Leiden ab und muss stets im Einzelfall diagnostiziert werden.
Indirekte Bestätigung von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen
Eine gewisse Ironie der Situation im Zusammenhang mit Zwangshandlungen im Bereich Hygiene und Sauberkeit ist nicht zu verkennen: Auf einmal werden wir alle dazu angehalten, uns verstärkt an Hygieneregeln zu halten. Zwangspatienten können sich dadurch möglicherweise in ihrem Verhalten bestätigt sehen und sich gezwungen fühlen, es noch häufiger auszuführen. Die deutsche Gesellschaft für Zwangserkrankungen e. V. hat sich diesem Thema gewidmet und bietet weiterführende Informationen.
Angst- und Zwangssymptome können sich durch die derzeitige Belastung drastisch erhöhen. Wenn Sie mit starken Symptomen kämpfen und sie sich in einem Teufelskreis aus Angst und Anspannung befinden, sollten Sie handeln. Wir haben Erste-Hilfe-Maßnahmen für Sie zusammengestellt. Weitere hilfreiche Tipps finden Sie beim Bund deutscher Psychologen e.V.
Erste-Hilfe Maßnahmen
Das Team der LIMES Schlosskliniken ist darauf spezialisiert, Menschen in Krisenzeiten aufzufangen und ihnen mit professioneller Hilfe zur Seite zu stehen. Diese Expertise ist auch während der Corona-Krise gefragt. Eine kurzfristige stationäre Aufnahme ist jederzeit möglich und leistet Intensivbetreuung in diesen unruhigen Zeiten. Das ganzheitliche und individuell angepasste Therapieprogramm nach der LIMES-360°-Formel ist zur Stabilisierung in Krisenzeiten ausgelegt und hilft dabei, mit der derzeitigen Situation umzugehen.
Kategorien: Angststörungen Long-Covid Zwangsstörungen