Es mag den Anschein haben, dass Scham und PTSD (Posttraumatische Belastungsstörung) sehr unterschiedliche Themen sind, aber die beiden sind sehr eng miteinander verbunden.
Scham ist ein intensives, oft lähmendes Gefühl, das viele Menschen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) begleitet. Während Symptome wie Flashbacks, Hypervigilanz oder emotionale Taubheit oft im Mittelpunkt der PTBS-Diskussion stehen, wird Scham häufig übersehen – obwohl sie tiefgreifende Auswirkungen auf die Heilung und das Wohlbefinden haben kann. Doch was genau verbindet Scham und PTBS, und wie können wir besser damit umgehen?
Scham ist eine universelle menschliche Emotion, die entsteht, wenn wir das Gefühl haben, nicht den Erwartungen anderer oder unseren eigenen zu genügen. Sie kann uns dazu bringen, uns zu verstecken oder zurückzuziehen, um unser verletztes Selbst zu schützen. Scham ist eine schmerzhafte, verheerende Emotion, die mit Gefühlen der Machtlosigkeit und Wertlosigkeit einhergeht. Eine Person, die schwere Scham erlebt, auch bekannt als toxische Scham, erfährt Selbstverachtung, Ekel und den Glauben, grundsätzlich schlecht und unwürdig zu sein, geliebt zu werden, akzeptiert zu werden oder dazuzugehören.
Schuld hingegen ist eine unangenehme, aber weniger starke Emotion, die auftritt, wenn eine Person etwas tut, von dem sie weiß, dass es falsch ist. Schuld, die typischerweise mit Gefühlen der Reue und des Bedauerns einhergeht, kann hilfreich sein, wenn sie uns lehrt, bessere Menschen zu sein, entweder durch korrigierende Handlungen, Entschuldigung oder Wiedergutmachung. Bei Menschen mit PTBS ist Scham jedoch oft nicht nur eine Reaktion auf gegenwärtige Situationen, sondern fest mit der traumatischen Erfahrung selbst verbunden. Sie kann aus dem Gefühl resultieren, schuld an dem Trauma zu sein, es nicht verhindert oder „falsch“ darauf reagiert zu haben. Besonders Überlebende von Gewalt, Missbrauch oder anderen traumatischen Erlebnissen tragen häufig das unberechtigte Gefühl der Verantwortung – ein emotionales Erbe, das das Trauma noch verstärkt.
Traumabedingte Selbstwahrnehmung: Traumata, besonders solche, die von anderen Menschen verursacht werden, können unser Selbstbild erschüttern. Die Betroffenen stellen ihre eigene Würde, Stärke oder sogar Menschlichkeit infrage. Aussagen wie „Ich hätte mich wehren sollen“ oder „Ich bin schwach, weil ich immer noch darunter leide“ sind häufig.
Stigmatisierung und gesellschaftliche Erwartungen: Psychische Erkrankungen, einschließlich PTBS, werden oft mit Vorurteilen behaftet. Das Gefühl, „anders“ oder „kaputt“ zu sein, kann die Scham zusätzlich verstärken.
Die Mechanik der PTBS: Flashbacks oder Dissoziationen können Scham hervorrufen, besonders wenn Betroffene das Gefühl haben, keine Kontrolle über ihre Reaktionen zu haben. Die Unvorhersehbarkeit der Symptome führt dazu, dass sich viele zurückziehen, um sich vor weiteren peinlichen Momenten zu schützen.
Scham ist nicht nur emotional belastend – sie hat direkte Konsequenzen für die Bewältigung einer PTBS. Sie verstärkt das Schweigen, das viele Betroffene umgibt, und erschwert es, Hilfe zu suchen oder sich anderen anzuvertrauen. Dies kann zu Isolation führen, wodurch der Heilungsprozess gehemmt wird.
Forscher haben auch herausgefunden, dass Scham eng mit anhaltenden PTBS-Symptomen verbunden ist. Sie kann wie ein innerer Kritiker wirken, der jede Fortschrittshoffnung erstickt und Betroffene in einem Kreislauf aus Selbstabwertung und Verzweiflung gefangen hält.
Auch wenn Scham tief verwurzelt sein kann, gibt es Wege, sie zu überwinden und den Heilungsprozess voranzutreiben. Hier sind einige Ansätze:
Traumasensible Therapie: Traumatherapeutische Ansätze wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) oder somatische Experimente helfen nicht nur, das Trauma zu verarbeiten, sondern auch die Schamgefühle zu hinterfragen und aufzulösen.
Scham ansprechen: Viele Betroffene berichten, dass es befreiend sein kann, Scham in der Therapie oder in einem sicheren sozialen Umfeld zu benennen. Zu erkennen, dass man nicht allein mit diesem Gefühl ist, reduziert dessen Macht.
Selbstmitgefühl üben: Der Aufbau von Selbstmitgefühl ist essenziell, um sich von der Scham zu lösen. Übungen wie Achtsamkeit oder Affirmationen können helfen, den inneren Kritiker zu beruhigen und sich mit mehr Freundlichkeit zu begegnen.
Gemeinschaft finden: Selbsthilfegruppen oder unterstützende soziale Netzwerke bieten einen Raum, in dem Betroffene erleben können, dass sie trotz ihrer Herausforderungen angenommen werden.
Für Menschen mit PTBS ist es wichtig zu erkennen, dass das Gefühl der Scham ein Überbleibsel des Traumas ist – kein Zeichen persönlicher Schwäche oder Versagens. Indem wir uns selbst (oder anderen) mit Mitgefühl begegnen und Scham als Teil des Heilungsprozesses anerkennen, können wir den ersten Schritt in Richtung Befreiung machen.
Scham ist ein leiser Begleiter vieler PTBS-Betroffener, doch sie muss kein lebenslanges Gefängnis sein. Mit der richtigen therapeutischen Unterstützung können Betroffene lernen, die Scham hinter sich zu lassen und ein erfülltes Leben zu führen. Die LIMES Schlossklinik Mecklenburgische Schweiz hat seit langen Jahren ein eigenes Trauma-Team, das viel Erfahrung mit dem betroffenen Krankheitsbild hat.
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Kategorien: Trauma