Einsamkeit: Wie wir die Ursachen erkennen und unser soziales Leben bereichern können

Einsamkeit kann eine schwierige und belastende Erfahrung sein. Sie kann uns das Gefühl geben, isoliert und alleine auf der Welt zu sein sowie zu Depressionen und Angstzuständen führen. Doch wie entsteht Einsamkeit überhaupt und wie kann sie überwunden werden?

Wichtig: Es gibt mehrere Studien und Umfragen, die sich mit Einsamkeit in Deutschland befassen – allesamt verzeichnen sie einen drastischen Anstieg der Einsamkeit in den letzten Jahren: Während sich 2019 noch knapp 11% der Befragten einsam fühlten, sind es 2020 bereits 27%, 2021 ganze 42%. Am höchsten sind die Zahlen bei Alleinlebenden, Frauen und jüngeren Personen.

Alleinsein vs. Einsamkeit

Einsamkeit ist ein subjektives Empfinden der Isolation, das entstehen kann, wenn eine Person das Gefühl hat, dass ihre sozialen Kontakte nicht ausreichend oder nicht vorhanden sind. Es ist wichtig zu beachten, dass Einsamkeit nicht immer mit der physischen Anwesenheit von anderen Menschen oder dem Fehlen von Freunden oder Familienmitgliedern zusammenhängt. Es ist vielmehr ein emotionaler Zustand, der durch das Fehlen von Verbundenheit, Empathie, Verständnis und Unterstützung geprägt ist. Alleinsein hingegen ist ein selbst gewählter Zustand, der auch als positiv empfunden werden kann. Er kann uns Raum geben, uns auf uns selbst zu konzentrieren, uns zu erholen und neue Erfahrungen zu machen. Wenn man sich jedoch einsam fühlt, kann es schwierig sein, diese Zeit allein positiv zu nutzen.

Wie entsteht Einsamkeit?

Einsamkeit kann durch verschiedene Faktoren entstehen, die alleine oder auch in Kombination zu dem Gefühl der Isolation führen:

  • Verlust eines geliebten Menschen durch Trennung, Scheidung oder Tod
  • Umzug in eine neue Stadt oder ein neues Land
  • Verlust des Arbeitsplatzes oder Arbeitslosigkeit
  • Gesundheitsprobleme wie chronische Krankheiten oder Behinderungen
  • Soziale Angst oder Schüchternheit
  • Übermäßiger Gebrauch von Technologie, insbesondere von sozialen Medien
  • Einschränkung sozialer Kontakte B. durch die Corona-Pandemie

Folgen für die psychische und physische Gesundheit

Einsamkeit kann also von einer Vielzahl an Faktoren ausgelöst werden. Wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg besteht, bleibt es leider nicht nur bei dem subjektiven Gefühl der Isolation, sondern kann folgende weitere gravierende Auswirkungen auf das körperliche und psychische Wohlbefinden haben:

Depressionen

Einsamkeit kann zu Depressionen führen, die durch Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit und Interessenverlust gekennzeichnet sind.

Angststörungen

Einsamkeit kann Störungsbilder wie soziale Angststörungen oder generalisierte Angststörungen verschlimmern oder auslösen.

Erhöhtes Risiko für körperliche Erkrankungen

Studien haben gezeigt, dass chronische Einsamkeit mit einem höheren Risiko für körperliche Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Schlaganfälle, Diabetes und Bluthochdruck verbunden ist.

Schlafstörungen

Einsamkeit kann Schlafstörungen verursachen oder verschlimmern, insbesondere Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Aufwachen in der Nacht.

Suchtverhalten

Einsamkeit kann zu ungesundem Verhalten führen, wie zum Beispiel zu exzessivem Alkoholkonsum oder Drogenmissbrauch.

Geringes Selbstwertgefühl

Einsamkeit kann zur Selbstabwertung führen und dem Gefühl nicht wertgeschätzt zu werden.

Wege aus der Einsamkeit: Tipps und Strategien

Natürlich ist es sehr spät der Einsamkeit erst dann entgegenzuwirken, wenn schon die ersten psychischen und physischen Auswirkungen vorhanden sind. Umso früher also damit begonnen wird, umso leichter ist es aus den negativen Gefühlen wieder herauszukommen. Einsamkeit zu überwinden kann eine Herausforderung sein, doch es gibt viele Schritte, die Sie unternehmen können, um Ihre Einsamkeit zu reduzieren oder zu überwinden:

Soziale Kontakte knüpfen: Ein Weg wäre neue soziale Kontakte aufzubauen, was beispielsweise möglich ist wenn Sie sich einem Verein anschließen oder an sozialen Veranstaltungen teilnehmen.

Ehrenamtliche Tätigkeiten: Sobald Sie eine ehrenamtliche Tätigkeiten in der Gemeinschaft ausführen oder für eine Wohltätigkeitsorganisation unterstützen, werden Sie automatisch mit anderen Menschen in Kontakt kommen und das Gefühl erleben gebraucht zu werden.

Bestehende Beziehungen pflegen: Ob schon länger bestehende oder ganz neue Beziehungen, regelmäßiger Kontakt und gemeinsame Aktivitäten halten Ihre Verbindung aufrecht. Scheuen Sie sich auch nicht alte Kontakte wieder aufleben zu lassen und sich bei einer Person, die Sie gerne haben wieder zu melden.

Hobbys und Interessen ausüben: Schauen Sie ganz intuitiv was Ihnen Spaß macht, umso mehr die Tätigkeit Ihren Interessen entspricht, umso leichter werden Sie auf Personen mit ähnlichen Werten und Vorstellungen treffen.

Selbstpflege: Wenn Sie sich einsam fühlen, jedoch sich ebenfalls nicht nach Gesellschaft sehnen, können Sie auch Selbstpflegemaßnahmen ergreifen: Körperliche Aktivität, ein schönes selbstgekochtes Gericht, Entspannungstechniken wie Meditation oder Yoga.

Therapie oder Beratung: Sollten Sie das Gefühl haben alle bisher genannten Maßnahmen sind nicht ausreichend und Ihr starkes Gefühl der Einsamkeit hält weiter an, zögern Sie nicht Therapie oder Beratung in Anspruch nehmen. Experten können Ihnen helfen mit Ihren Gefühlen von Einsamkeit umzugehen, negative Gedankenmuster identifizieren und Verhaltensänderungen fördern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Einsamkeit eine schwierige Erfahrung sein kann, die wir alle von Zeit zu Zeit mal durchleben. Wir können versuchen den positiven Aspekt in ihr zu sehen und zu hinterfragen ob unsere bestehenden Kontakte und Tätigkeiten wirklich zu uns passen und ob es nicht an der Zeit für Veränderungen ist. Problematisch wird es jedoch, wenn Einsamkeit negative Auswirkungen auf unsere mentale und körperliche Gesundheit hat. Dann sollten wir auf jeden Fall verschiedenste Maßnahmen ergreifen um sie zu überwinden und auch nicht zögern Hilfe anzunehmen.

Quellenangaben
  • BARMER: https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/einsamkeit/-ich-fuehle-mich-einsam-ein-grundgefuehl-in-deutschland–1140300, Abruf am 20.04.2023.
  • Deutscher Bundestag: https://www.bundestag.de/resource/blob/844760/deddcb8f1dc3a3ad04d919ac6603843d/WD-9-010-21-pdf-data.pdf, Abruf am 20.04.2023.
  • Krieger, Tobias & Seewer, Noëmi: Einsamkeit. Göttingen, 2022.
  • Spitzer, Manfred: Einsamkeit – die unerkannte Krankheit: schmerzhaft, ansteckend, tödlich. München, 2018.
Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether
Ärztlicher Direktor und Chefarzt Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether
Dr. med. Kjell R. Brolund-Spaether ist renommierter Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, bei dem stets der Mensch im Mittelpunkt steht: Dank seiner individuell abgestimmten, ganzheitlichen Behandlungspläne verbessert und personalisiert er die psychiatrische Versorgung kontinuierlich. Seine umfassende Expertise in der psychotherapeutischen und medikamentengestützten Behandlung erlangte er durch sein Studium der Humanmedizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel, spezialisierte Weiterbildungen sowie seine langjährige Erfahrung in führenden Positionen. Seit 2019 ist Dr. med. Brolund-Spaether als Chefarzt und seit 2023 als Ärztlicher Direktor der LIMES Schlosskliniken AG tätig. 2024 trat er unserem Vorstand bei.

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